Blogbetreiber – Wer haftet?
Gliederung:
- Wer haftet ?
- Wodurch kann eine Haftung ausgelöst werden?
- Weshalb wird gehaftet?
- Worauf wird gehaftet?
- Was tun?
1. Wer haftet?
Als rechtlich Verantwortliche kommen rund um Veröffentlichungen eines Blogs vor allem folgende Personen (oder ggf. Firmen) in Betracht:
- Der Betreiber des Blogs, als der – i.d.R. im Impressum benannte – inhaltlich verantwortliche Informationsanbieter i.S.v. § 5 TMG
- Der Verfasser eines Blog-Beitrags
- Der Verfasser eines Kommentars zu einem Blog-Beitrag
- Der Inhaber und/oder admin-c der Domain, unter welcher das Blog betrieben wird
Hierbei unterscheidet die Rechtssprechung grundsätzlich zwischen unmittelbar und lediglich mittelbar Verantwortlichen. Während unmittelbar Verantwortliche vom Betroffenen direkt mit einer kostenpflichtigen Abmahnung in Anspruch genommen werden können, müssen Personen, die lediglich mittelbar verantwortlich sind, in der Regel zunächst kostenfrei auf die Rechtsverletzung hingewiesen und zur Löschung aufgefordert werden. Erst, wenn der mittelbar Verantwortliche die freiwillige Löschung verweigert, kann auch er mit einer kostenpflichtigen Abmahnung und ggf. einem gerichtlichen Verfahren in Anspruch genommen werden.
Wer für einen Rechtsverstoß unmittelbar und wer nur mittelbar verantwortlich ist, hängt davon ab, in welcher Beziehung derjenige zu dem Rechtsverstoß steht:
- Sowohl der Verfasser eines Blog-Beitrags, als auch der Verfasser eines Kommentars sind für die von ihnen geschaffenen Beiträge unmittelbar verantwortlich, und können – soweit ermittelbar – direkt in Anspruch genommen werden.
- Der Anbieter des Blogs haftet neben selbst verfassten Beiträgen, auch für Gastbeiträge, die er bewusst veröffentlicht und von deren Inhalt er mithin Kenntnis hat, als unmittelbar Verantwortlicher direkt.
- Für Kommentare, die Besucher im Anschluss an den Beitrag innerhalb des Blogs verfassen und einstellen können, haftet der Blog-Anbieter nach derzeitiger Rechtssprechung – wie auch der Forenbetreiber (vgl. zuletzt BGH, Urteil v. 27.03.2007, VI ZR 101/06; OLG Düsseldorf, MMR 2006, 618.) – grundsätzlich erst dann als sog. „Mitstörer“, wenn er trotz vorherigen Hinweises auf den Rechtsverstoß die Löschung des beanstandeten Beitrages verweigert. Eine unmittelbare Verantwortlichkeit auch für Kommentare kann den Blog-Anbieter jedoch in besonderen Ausnahmefällen treffen, etwa wenn der Hauptbeitrag rechtswidrige Beiträge Dritter vorhersehbar provoziert hat Hans. (OLG, Urteil v. 22.08.2006, 7 U 50/06 – Heise II)
- oder wenn zuvor innerhalb des Blogs bereits ähnliche Rechtsverletzungen erfolgt sind (BGH, Urteil v. 19.04.2007, I ZR 35/04 – Internetversteigerung II)
- Der unabhängige Inhaber der Domain, der nicht mit dem Blog-Anbieter identisch ist, sondern lediglich die Domain etwa als Plattform für verschiedene Blog-Anbieter betreibt, haftet grundsätzlich neben dem Blog-Betreiber nur als mittelbar Verantwortlicher, d.h. erst dann, wenn er nach erfolgtem Hinweis auf den Rechtsverstoß die Löschung des beanstandeten Beitrages verweigert. Eine unmittelbare Verantwortlichkeit auch für die Inhalte des Blogs kann den Domaininhaber jedoch in Konstellationen treffen, in denen die Inhalte des Blogs dem Domain-Inhaber zuzurechnen sind, also etwa ein Unternehmen den Betrieb ihres Corporate-Blogs lediglich an eine Agentur ausgelagert hat.
- Die Haftung des Admin-C einer Domain für darunter veröffentlichte Inhalte ist in der derzeitigen Rechtssprechung stark umstritten. Grundsätzlich kann nach derzeitiger Rechtssprechung für unter der Domain veröffentlichte Inhalte allenfalls eine mittelbare Haftung in Betracht kommen, d.h., nur dann, wenn der Admin-C nach erfolgtem Hinweis auf den Rechtsverstoß die Löschung des beanstandeten Beitrages verweigert. Teilweise wird die Haftung des Admin-C für veröffentlichte Inhalte aufgrund seiner regelmäßig lediglich eingeschränkten Einwirkungsmöglichkeiten auf die Inhalte der Domain vollständig abgelehnt
(Hans. OLG, Urteil v. 25.05.2007, 7 U 137/06 , LG Dresden, Urteil v. 09.03.2007, 43 O 0128/07). Nach einer anderen Ansicht haftet der Admin-C nachrangig gegenüber dem Domain-Inhaber, d.h. erst dann, wenn der Domaininhaber zuvor erfolglos aufgefordert wurde oder nicht greifbar ist, um die rechtswidrigen Information zu entfernen, und wenn davon auszugehen ist, dass die Störung nur durch eine Aufhebung der Registrierung des Domainnamens unterbunden werden kann (KG Berlin, MMR 2006, 2392).
Eine unmittelbare Verantwortlichkeit des Admin-C für die Inhalte des Blogs kann in besonderen Ausnahmefällen treffen, wenn etwa schon die Domainbezeichnung unmittelbar gefahrgeneigt ist und die Veröffentlichung rechtsverletzender Inhalte befürchten lässt und wenn der Admin-C – etwa aufgrund seiner Stellung als Rechtsanwalt – dies erkennen muss (LG Hamburg, Urteil v. 05.04.2007, 327 O 699/06).
Entgegen einem immer noch stark verbreiteten Missverständnis kann die Haftung für das Verhalten Dritter (Kommentare oder verlinkte Seiten Dritter) nicht rechtswirksam im Vorfeld durch einen pauschalen Hinweis („Disclaimer“) im Blog ausgeschlossen werden. Insbesondere der immer noch auf vielen Websites anzutreffende „Landgericht Hamburg Disclaimer“ zum Ausschluss der Linkhaftung hat nicht die beabsichtigte Wirkung. Er sieht in der Regel etwa so aus:
„Mit dem Urteil vom 12. September 1998 – 312 0 58/98 – „Haftung für Links“ hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Anbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seiten ggf. mit zu verantworten hat. Dieses kann – so das Landgericht – nur dadurch verhindert werden, indem man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert. Hiermit distanziere ich mich ausdrücklich von allen Inhalten der von mir verlinkten Seiten.“
Bis auf ein gewisses Amüsement beim einschlägig informierten Betrachter hat ein solcher Disclaimer keinerlei Wirkung. Das hat im Übrigen auch das Landgericht Hamburg in der in dem Disclaimer genannten Entscheidung so gesehen. Es verurteilte den dort im Streit stehenden Webseitenbetreiber wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten auf verlinkten Seiten, weil er die Hyperlinks trotz seiner Kenntnis von den Seiteninhalte nicht entfernt hatte. Das Gericht urteilte, dass eine pauschale Distanzierung in einem Disclaimer den Beitrag zur Rechtsverletzung gerade nicht neutralisieren kann. So sah es auch das Landgericht Berlin. ( Urteil vom 14. Juni 2005, 16 O 229/05).
Generell gilt also für den Blog-Betreiber und/oder Domain-Inhaber auch insoweit, dass er ab Kenntnis für rechtswidrige auf verlinkten Webseiten Dritter haftet, wenn er trotz vorherigen Hinweises auf den Rechtsverstoß die Löschung des beanstandeten Hyperlinks verweigert.
Sinnvoll können folgende Hinweise in einem Disclaimer sein:
- Ein Hinweis, dass keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte der eigenen Webseite übernommen wird, wenn dies nicht an anderer Stelle unmittelbar oder mittelbar versprochen wird.
- Ein Hinweis, dass für die Inhalte verlinkter Webseiten keine Verantwortung übernommen wird.
Bei allen Disclaimern gilt aber: Sobald Kenntnis von einer Rechtsverletzung besteht, muss gehandelt werden und der entsprechende Inhalt (oder Hyperlink zu diesem Inhalt) entfernt werden. Wer solche Inhalte nicht umgehend entfernt, kann sich nicht auf einen Disclaimer berufen.
Kontakt: www.bbs-law.de
© Rechtsanwalt Tobias Spahn
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