Schützt die Berufsunfähigkeitversicherung vor dem Älterwerden?
Häufig wird die Frage gestellt, ob man bereits dann als berufsunfähig gilt, wenn der normale altersbedingte Kräfteverfall eintritt. Doch dass ein 58-jähriger im Gegensatz zu einem 28-jährigen nicht mehr ganz so schnell bzw. belastbar ist, erscheint einleuchtend. Daraus muss auch resultieren, dass mit dem Älterwerden nicht automatisch die Berufsunfähigkeit einhergehen kann. Die Versicherer wären andernfalls zwangsläufig immer gegenüber solchen Versicherten in der Leistungspflicht, die Berufe mit erhöhter körperlicher Belastung ausführen und diesen im höheren Alter nicht mehr ausführen können. Doch dies ist nicht der Fall. Vielmehr muss der Kräfteverfall des Versicherten über das normale Maß hinaus gehen. Im Rahmen der Gesetzesänderung im Jahr 2008 heißt es in § 172 II VVG: „Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf,…,infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.“ Unter Kräfteverfall ist demnach das Nachlassen der körperlichen oder geistigen Kräfte oder die Minderung der Belastbarkeit über den altersentsprechenden Zustand hinaus zu verstehen (Versicherungsvertragsgesetz Prölls/Martin, § 172 VVG, Rn. 40). Zu berücksichtigen ist an dieser Stelle, dass der Begriff „altersentsprechend“ nicht den Vergleich mit anderen Personen derselben Berufsgruppe meint, sondern vielmehr den Vergleich mit der Allgemeinheit (VersR-Hdb/Rixecker § 46, Rn. 59).
In Hinblick auf die gesetzlichen Anforderungen bezüglich der Berufsunfähigkeit sollten Sie bei der Suche nach der richtigen Berufsunfähigkeitversicherung daher ganz besonders achtsam sein.
Viele Versicherer versprechen nämlich einen Versicherungsschutz, der über den gesetzlich vorgegebenen weit hinausgeht. So wird teilweise von manchen Versicherern im Kleingedruckten allein der Begriff „Kräfteverfall“ verwendet – indem dadurch die gesetzlich vorgegebene Formulierung „mehr als altersentsprechender Kräfteverfall“ umgangen wird, werben die Versicherer mit einem umfassenderen Versicherungsschutz. Doch seien Sie trotz des verlockenden Werbeversprechens auf der Hut, denn die Rechtslage ist wie § 172 VVG zeigt eindeutig anders. Im Ernstfall können Sie sich also nicht auf den fraglichen Versicherer verlassen. Denn auch die höchstrichterliche Rechtsprechung folgt der Auffassung, dass ein Versicherungsverhältnis nur dann vorliegt, sofern ein Versicherer sich vertraglich gegen Entgeld verpflichtet, für den Fall eines ungewissen Ereignisses zu leisten (Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Auflage / Lorenz § 1, Rn. 119). Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eben nur der unvorhersehbar eintretende und gerade nicht der altersentsprechende Kräfteverfall die Voraussetzung der Rechtsprechung erfüllt. Verdeutlicht wird diese Ansicht auch durch den Sachverhalt, über den das OLG Frankfurt bereits am 20. März 2003 (AZ: 3 U 102/02) entschieden hat. Geklagt hatte ein Bundeswehrpilot der aufgrund zurückgehender psychologischer Fitness fluguntauglich geworden war. Das Gericht verdeutlichte, dass der Kräfteverfall eine verminderte Belastbarkeit über den alterentsprechenden Zustand hinaus erfordere und nicht das „normale“ Nachlassen der geistigen und körperlichen Kräfte meint.
Seien Sie in Anbetracht dieser Umstände bei der Auswahl der richtigen Berufsunfähigkeitsversicherung besonders bedacht und verlassen Sie sich nicht auf „irgendwelche kleingedruckten Werbeversprechen.“ Nur dann, wenn ausdrücklich erwähnt ist, dass bereits ein alterbedingter Kräfteverfall versichert ist, kann sich der Versicherte auf seinen Anspruch berufen. Ein solch expliziter Hinweis vonseiten des Versicherers stellt aber die absolute Ausnahme dar! Solange also ein klarer Hinweis fehlt, ist allein der Kräfteverfall im Sinne des § 172 II VVG versichert – alles andere stellt eine schlichte Werbeaussage dar.
Bei der Auswahl für einen bestimmten Versicherer sollten Sie deshalb das Kriterium des Kräfteverfalls nicht überbewerten. Vergleichen Sie die verschiedenen Berufsunfähigkeitversicherung vielmehr anhand anderer Faktoren wie beispielsweise den berufsspezifischen Regelungen zur Verweisung. Der Versicherungsmakler kann die verschiedenen Berufsunfähigkeitsversicherungen auf professionelle Art und Weise vergleichen und ein optimales Angebot für Sie finden. Hier wird gezielt nach solchen Produkten gesucht, die Ihre individuellen Anforderungen erfüllen. Der Versicherungsmakler bewahrt Sie vor möglichen Tricks vonseiten des Versicherers.